Ein Abend im „Überbrettl“ (in Anlehnung an Ernst von Wolzogens gleichnamigen Berliner Cabarets)
Brettl-Lieder und Chansons
von
Arnold Schönberg und Juan Allende-Blin
Andreas Post - Tenor
Lucius Rühl - Klavier
Das Pariser Cabaret etwa des berühmten „Chat Noir“, das Schriftstellern und Komponisten am Ende des 19. Jhs. eine neue Plattform für eine sozialkritische Kunst bot, wurde von Ernst von Wolzogen in Berlin Alexanderplatz mit seinem „Bunten Brettl“als deutsches Pendant nachgebildet. 1901 gegründet und später „Überbrettl“ genannt, deutete diese Anspielung auf Nietzsches „Übermenschen“, und so auf den damit verbundenen künstlerisch-literarischen Anspruch.
Bei einem Gastspiel des Überbrettl 1901 in Wien trafen Wolzogen und der junge Arnold Schönberg aufeinander, der Oscar Straus als Pianisten vertrat. Schönberg fühlte sich vom Genre des Cabarets angezogen und schrieb in den kommenden Monaten acht Chansons. Wolzogen erwarb diese und stellte Schönberg als Kapellmeister für sein Theater ein.
Sie hören in der ersten Hälfte der Matinee jene „Brettl-Lieder“ des jungen Arnold Schönberg, Chansons voller Geisteswitz und einer musikalischen Verve, die aus einer verzaubernden Meisterschaft im Umgang mit Tonalität und Rhythmik hervorbricht.
Frank Wedekind, Otto Julius Bierbaum oder Hugo Salus sind einige der Autoren, die Schönberg kongenial im Cabaret-Stil zu vertonen verstand.
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Szenenwechsel - Santiago di Chile während des Nationalsozialismus in Deutschland:
Der heute Essener Komponist Juan Allende-Blin (*1928) lernt in seinem Elternhaus in Santiago di Chile viele Künstler kennen, die von den Nazis ins Exil gezwungen worden waren. Entweder wurden sie selbst oder ihre Kunst als "entartet" verfolgt. Artur Rubinstein, Ricardo Vines, Erich Kleiber u.v.m., die im Gepäck Partituren der Musik Schönbergs und seiner Schüler, aber auch Schallplatten des Berliner Cabarets mitbrachten. Er hörte in dieser Zeit auch die Commedian Harmonists live. Noch von diesem Genre fasziniert schrieb er später in Deutschland als kleine Sonntagsmusiken Chansons für ein imaginäres Cabaret, welche in Texten von Ringelnatz, Tucholsky, Brecht, Lichtenstein, Mehring u.a. das große Wegsehen psychologisch enttarnen und als Phänomen beängstigend genial verklanglichen. Lucius Rühl
„Als der II. Weltkrieg begann, lernte ich als Kind in meinem Geburtsland Chile das Cabaret durch Schallplatten kennen. Bissige oder melancholische Texte, in Musik gesetzt, nehmen Stellung, um Zustände und Ereignisse zu kritisieren, und besitzen dabei einen hintergründigen Humor, der zum Schmunzeln einlädt... Im Geist einer Tradition, die Paris mit Berlin verbindet, komponierte ich zwischen 1952 und 1977 einige Chansons. Und wenn man genau hinhört, erweist sich das damals Zeitbedingte als erstaunlich aktuell.“
Juan Allende-Blin
Teil I
Arnold Schönberg (1874-1951)
Brettl-Lieder (1901)
-Galathea (Frank Wedekind)
-Gigerlette (Otto Julius Bierbaum)
-Der genügsame Liebhaber (Hugo Salus)
-Einfältiges Lied (Hugo Salus)
-Mahnung (Gustav Hochstetter)
-Jedem das Seine (Colly)
-Arie aus dem Spiegel von Arcadien (Emanuel Schikaneder)
Teil II
Juan Allende-Blin (*1928)
Drei Chansons (1952-62) für Tenor und Klavier:
-Altes Lied 1794 ( Theobald Tiger )
-Schlummerlied ( Joachim Ringelnatz )
-Abendlied ( Johannes Rist / Matthias Claudius )
Drei Bagatellen (1978) nach Gedichten von Friederike Kempner für Sopran und Klavier:
-Wie stets
-Nicht hindenken !
-Schweiß
Berliner Nachtstücke (1975) - Sechs Gedichte von Alfred Lichtenstein für eine Sprechstimme und Klavier
(Hommage à Blandine Ebinger)
-Die Zeichen
-Aschermittwoch
-Mondlandschaft
-Die Nacht
-Sommerabend
-In den Abend
Erinnerung an... (1974) nach Bertolt Brecht für Tenor und Klavier
Die inneren Bäume (1977/2005) nach Yvan Goll für eine Singstimme, Rezitation und Klavier
Zwei politische Chansons nach Bertolt Brecht für Tenor und Klavier:
-Die Ballade von der „Judenhure“ Marie Sanders
-Die Lösung